Samstag, 7. März 2009

Karlsruher Köpfe

Oliver Bertz
"Ich scheuche die Leute rum, ohne dass ich ihnen zu nahe treten will", grinst der Exil-Schwabe Oliver Bertz alias Karl-Eugen-Läberle. Bertz ist Künstler, Entertainer und ein "Blödmann für alle Fälle", wie er sich auf seiner Homepage selbst bezeichnet. Auf kleinen und großen Feiern mimt er den lustigen Kellner, auf Messen macht er auf übergroßen Stelzen Werbung für die dort vertretenen Firmen. Und während viele "Künstler sich nicht selbst organisieren können", verschickt er sein Programm innerhalb von 20 Minuten an interessierte Firmen und Privatpersonen, denn: "Man kommt nur weiter, wenn man sich selbst organisieren kann."
Geboren wurde der sympathische Schwabe am 9. Juli 1957 in Göppingen. Hier absolvierte er auch die Grund- und Hauptschule. Danach wählte er zuerst einmal den bürgerlichen Weg ins Berufsleben und absolvierte eine Ausbildung zum kaufmännischen Angestellten im Herzen Württembergs, in Stuttgart.
Bereits mit 14 Jahren hatte ihn die musikalische Leidenschaft erfasst: Er lernte Schlagzeug zu spielen.
Weil "der kaufmännische Job nicht das Richtige für mich war", spielte er schließlich in einigen Schüler und Profibands, aber keine Tanzmusik.
Weil aber auch er nicht ausschließlich von seiner künstlerischen Neigung leben konnte, arbeitete er nach und nach auch in Kneipen. Mit 29 Jahren packte ihn schließlich das Theaterfieber. Zusammen mit "einem Clown aus Heidelberg, einer Schauspielerin aus Mannheim und zwei Akrobaten aus Dänemark" entdeckte er schließlich einige seiner verborgenen Talente wie das Stelzen-Laufen und Jonglieren. Dies brachte ihm auch ein Engagement bei "La Boheme" am Badischen Staatstheater ein. Auch beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels und den Organisatoren des "Festes" ist er kein unbeschriebenes Blatt. "Sechs Wochen war ich im Regen unterwegs, übernachtet habe ich nur im Zelt, das war toll" , strahlt der 51-Jährige. Aber "Karl-Eugen-Läberle" ist nicht "nur ein Blödmann für alle Fälle", er nimmt Dinge gern selbst in die Hand - und lässt seiner Kreativität freien Lauf. Sein eigenes Kinder-Theaterstück trägt den Namen "König Dussel und die verlorenen Zähne", zusammen mit Freunden machte er dem "King of Rock ’n’Roll die Ehre". Mit seinem Abendprogramm wurde der Komiker in den späten 80er Jahren zu einem richtigen Geheimtipp und das, "obwohl der Comedy-Boom der 80er Jahre da schon vorbei war". Anfang/Mitte der 90er Jahre bestritt er zusammen mit anderen Künstlern fast alle Inszenierungen im Spiegelpalast Kandel und dem Kulturbahnhof Jockgrim.
Aber schon an den Übergängen zwischen den Nummern einzelner Solisten mit Bertz’ damaligem Kollegen,dem Clown Schorsch, deutete sich die Solokarriere des Künstlers an, der schließlich zu wenig Zeit für"zu zeitaufwändige und wenig qualitative Engagements" mit geringem Entgelt hatte."Meine Hauptsaison ist von September bis Dezember, wo ich auf Betriebsfesten und anderen vergleichbaren Veranstaltungen die Leute von ihrer Winterdepression zu heilen versuche", erzählt der gebürtige Schwabe, der mit seinen publikumsnahen Shows auch Hochzeitsfeiern den nötigen Glanz zu verleihen sucht. "Prinzipiell mögen die Badener schwäbischen Humor mehr als den ihrigen", grinst Bertz. Und das, obwohl die Schwaben "unzugänglich und stoffelig" sind und er seine jetztigen Landsleute sehr schätzt, weil "sie auch ihre Eigenheiten haben, aber trotzdem zugänglicher sind". Ob Schwabe oder Badener, der Künstler weiß, wie er den Leuten aus allen Erdkreisen ein Lächeln entlockt: "Comedy bedeutet, Menschen aus sich rauszulocken, sodass sich ihre Mundwinkel wieder nach oben biegen. Mit "Feuer unterm Hintern", das ihn antreibt, hat er dabei auch schon nicht nur seine Lebensgefährtin glücklich gemacht: "Als ich einmal eine depressive Frau aufheitern konnte, ging mir selbst das Herz dabei auf", lächelt Bertz und sein Blick wird sanft. Nicht nur für sein Publikum hat der in ganz Deutschland auftretende Künstler stets ein offenes Ohr, auch seinen Kollegen gegenüber ist er aufgeschlossen. So empfiehlt er sie unter anderem auf seiner Homepage auch gerne weiter. Als Einzelkämpfer sieht er sich auch gegenüber seinen Kunden nicht: "Ich kämpfe nicht, kann aber gut alleine arbeiten." Auch seinen Kunden gegenüber, die ihn für Veranstaltungen oder Messen engagieren, ist er offen. Von konstruktiver Kritik angespornt, ist der Künstler stets bemüht, sein Schaffen und Wirken zu verbessern.
Leicht macht er es seinem Publikum dennoch nicht: "Ich lenke es oft in eine andere Richtung als die, in die sie denken." So organisiert er sich beim Einrad-Fahren schon einmal fünf Männer aus dem Publikum, die unerwarterweise zu "nicht ganz Freiwilligen" werden. "Manchmal versuche ich aber auch, etwas aufzubauen, dessen Erwartungen dennoch nicht erfüllt werden", grinst er verschmitzt und schildert seinen "Striptease": "In der Erwartung, dass jetzt das letzte Kleidungsstück fällt, soll der Zuschauer in die Handlung miteinbezogen werden" - bis auch die letzte seiner neun Boxershorts nicht fällt. "Jeder Entertainer ist auch ein Exhibitonist", lacht Bertz. Und manche bleiben es ein Leben lang: "Ich kann mir gut vorstellen, dass ich noch ein Weilchen als Künstler mein Geld verdiene. Ich bin ein jugendlicher Typ, der diese Arbeit noch eine Weile ausüben kann" - sagt ein Künstler mit rund 20 Jahren Berufserfahrung, der jedes Mal eine komplette technische Ausstattung im Schlepptau hat - und beschreibt damit treffend sich selbst.
- Der Text erschien bei ka-news(heute zugehörig zum Südkurier). -

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