Dienstag, 16. Februar 2010

„Friendship“ – Oliver Ziegenbalgs Appell an die Freundschaft

„Friendship“ – Oliver Ziegenbalgs Appell an die Freundschaft
„Die DDR- Deutsche Demokratische Republik, sozialistische Republik“, die Hymne des ehemaligen Teilstaats Deutschlands erklingt und mit ihr die Stimme Matthias Schweighöfers alias „Tom“. Sie verkündet stolz, dass in der DDR nicht nur der gleiche Kleidungsstil obligatorisch war. „Wir haben alle das Gleiche gegessen“, sagt Tom. Schon dieser erste Satz wirkt komisch und so ist „Friendship“ trotz des historischen Einstiegs keine Dokumentation des Ost-West-Konflikts. Stattdessen ist der Film von Markus Goller ein Hoch auf Freundschaft, Liebe und Freiheit.
„Veit war meine Nummer Eins“, erzählt Tom (Schweighöfer, bekannt aus „Keinohrhasen“) im Prolog. Die Freunde leben in der DDR, doch „haben eine andere Vorstellung von allem“. Nach dem Fall der Mauer möchten sie die Welt außerhalb derer erkunden. Die DDR sorgte durch ihre Konformität nicht nur für einen sozialen Zusammenhalt Darüber täuscht die Geschichte einer Männerfreundschaft nicht hinweg. Sie schrieb auch traurige Familiengeschichten. In diesem Punkt erfüllt die Komödie ihre Funktion, durch komische Elemente auf Unstimmigkeiten in der Gesellschaft hinzuweisen. Veit (Friedrich Mücke) hat seinen Vater seit der Errichtung der Mauer nicht mehr gesehen. Zu seinem Geburtstag bekommt er aber Jahr für Jahr eine Postkarte von seinem Vater mit dem Lockruf nach San Francisco. Weil Tom und er nicht nur zusammen halten, sondern auch mehr Glück als Verstand haben, gelangen sie per Anhalter doch weiter hinaus ins „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Und dass trotz des einzigen englischen Worts, das sie sprechen, „Friendship“.
Die Fremden, auf die die Ausreißer stoßen, kommen alle ein bisschen komisch daher. Ein kiffender Comiczeichner, der beide erschreckt - erschrecken sie vor ihm oder weil sie so wenig Englisch sprechen? - nimmt beide nach San Francisco mit und verzichtet dabei nicht auf den obligatorischen Apfel. „An apple a day keeps the doctor away“, denkt der Zuschauer. Schöne heile Welt. Dieses Klischee kommt genauso wenig zu kurz wie das des prüden Amerikas. Weil Sex sich am besten verkauft, strippen beide in einem Nachtclub – eine Parodie auf die Geschichte – und verdienen dabei eifrig Geld. Heftig wird es, als eine Polizistin die beiden auf dem Weg über den Highway anhält. Denn beide fahren bis auf die Boxershorts nackt der Freiheit entgegen. Passend dazu die musikalische Untermalung von „A friend is what you need“. Die Klischees lassen den Zuschauer schmunzeln und schaffen einen Wiedererkennungswert. Sie dürften daher zu ertragen sein.
Die Klischees untermalen die Geschichte von Freundschaft und vom Erwachsen-Werden. Obgleich der Film als Nachfolger von „Good bye Lenin!“ gehandelt wird, erfüllt er diesen Anspruch nicht. Der Zuschauer erfährt nichts Neues über geschichtliche Ereignisse. Stattdessen unterbrechen bunte Bilder der DDR-Fahnen die Freundschaftsgeschichte und sorgen allenthalben für Rührung beim Zuschauer. Was das Roadmovie aber anschaulich vor Augen führt, sind Männerrituale. Beide Jungs erproben ihre Männlichkeit bei den Frauen, solange bis sie von deren Eltern erwischt werden. Sie kuscheln sich unter freiem Himmel aneinander und teilen ihre letzte Schokolade miteinander. Diese Szenen täuschen nicht darüber hinweg, welche Spannungen eine Freundschaft aushalten muss. Etwa, als den Freunden in der Deutsch-Amerikanerin Zoey (Alicja Bachleda Curus) eine Frau begegnet, die ihre Freundschaft auf eine Zerreißprobe stellt. Oder als Tom Veit mitteilen muss, dass sein Vater ihn nicht sehen will und er ihn dafür sogar für tot erklären muss.
Oliver Ziegenbalg, schon Drehbuchautor der Studentenkomödie „13 Semester“, lieferte auch für diesen Film die Vorlage. Newcomer Matthias Schweighöfer überzeugt durch Ausdruckskraft und Emotionalität trotz vermeintlich vieler übertrieben witzig dargestellten Szenen. Eine Frontale zeigt seine Verzweiflung, als er Veit die traurige Nachricht vom Verbleib seines Vaters mitteilen muss. Friedrich Mücke spielt den empfindsamen Gegenpart zum selbstsicheren Schweighöfer.
„Friendship“ besticht durch die Abwechslung von witzigen und ernsten Szenen. Witz, Klischees und eine sehr gute schauspielerische Leistung sorgen für gute Unterhaltung. Das Duo Schweighöfer und Mücke führt uns die heiteren und die Schattenseiten der Freundschaft überzeugend vor Augen – und ist daher jedem zu empfehlen, der sich einmal näher Gedanken über den Sinn von Freundschaft machen möchte.

Friendship,Wiedemann & Berg Filmproduktion
Deutschland/San Francisco, 2010
Regie: Markus Goller
Drehbuch: Oliver Ziegenbalg

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